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Über 6 Ebenen zu Ihrem Medienkonzept – Ein strukturiertes Vorgehensmodell

Evelyn Heller 6 Min.


Bei der Erstellung eines Medienkonzepts und der Auswahl geeigneter Formate und Medien ist man mit einer überwältigenden Vielzahl an Möglichkeiten konfrontiert. Die Frage nach dem passenden Format oder Medium lässt sich nicht pauschal beantworten und der Entscheidungsprozess bis zum voll ausgereiften Medienkonzept ist von etlichen Herausforderungen geprägt.

Daher liegt nahe, sich bei der Erstellung oder der Überarbeitung eines Medienkonzepts inspirieren zu lassen. Messen, Tagungen und vor allem das Internet scheinen eine unerschöpfliche Quelle an Informationen zu technologischen Trends, Ideen und Erfolgsgeschichten zu sein. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, eine Inspiration oder eine Ideensammlung als Impuls für eine Neuentwicklung oder Überarbeitung zu nutzen. Allerdings birgt die Vorgehensweise Risiken:

Hand legt Skizze eines App-Entwurfs auf einen Tisch

Der falsche Ansatz

Problematisch ist, wenn Entscheidungen zum Medienkonzept allein durch eine erste Eingebung oder eine innovative Technologie getroffen werden. Wenn bestehende Lösungen oder technologische Entwicklungen "blind" auf die eigene Informationswelt übertragen werden, kann das mit Glück funktionieren. Im schlimmsten Fall entstehen dadurch allerdings hohe Kosten, Informationsprodukte ohne Mehrwert, unzufriedene Anwender und Sicherheitsrisiken. Eine fundierte Entscheidungsfindung sieht demnach anders aus.

Wie kann ich mich fundiert entscheiden?

Ob ein Medienkonzept nutzerfreundlich und passend ist, hängt von einer Vielzahl an individuellen Faktoren ab. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Zielgruppe
  • Einsatzkontext
  • Produktziele
  • Unternehmenskontext

Um wirksame Entscheidungen treffen zu können, müssen diese Einflussgrößen einen festen Platz in der Entwicklung des Medienkonzepts einnehmen. Adaptierte oder technologiegetriebene Entscheidungen vernachlässigen diese individuellen Parameter weitestgehend.

Viele offene Fragen, kaum allgemeingültige Antworten und individuelle Einflussgrößen – Der Weg zum eigenen Medienkonzept scheint komplex. Doch es gibt Vorgehensmodelle, die dabei unterstützen. Ausgehend von den 5 Ebenen der User Experience nach Garrett (2011) haben wir dessen Modell in einen anderen Kontext gesetzt und ergänzt. Dieses erweiterte Modell stellen wir Ihnen in den nachfolgenden Absätzen vor:

Das 6-Ebenen-Modell der Informationsvermittlung

Das Vorgehensmodell besteht aus sechs Ebenen, die von unten nach oben aufeinander aufbauen. Auf jeder Ebene werden spezifische Fragen beantwortet und Entscheidungen getroffen. Dabei stehen die einzelnen Ebenen nicht für sich. Entscheidungen beeinflussen sich über die Grenzen der Ebenen hinweg gegenseitig und enthalten Rückkopplungen. Obwohl das Modell sequenziell aufgebaut ist, gibt es keine strikte Schrittabfolge vor: Ebenen können parallel bearbeitet und bei Bedarf Entscheidungen auf einer übergeordneten Ebene vorgezogen werden.

Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über das Modell:

Das Modell lässt sich in zwei Hauptbereiche unterteilen: den Problembereich und den Lösungsbereich. Der Problembereich bildet die zentrale Grundlage für alle Entscheidungen und die Ausarbeitung einer Lösung. Er besteht aus den folgenden Ebenen:

Ebene 1: Problemstellung

Auf der ersten Ebene werden Ausgangssituation und Problemstellung analysiert. Die Annahme ist, dass eine konkrete Ausgangsgrundlage für das Erstellen oder Überarbeiten eines Medienkonzeptes existiert. Bestehende Probleme tangieren die Informationsbereitstellung und das Medienkonzept häufig nur und werden bei oberflächlicher Betrachtung nicht mit der Informationsvermittlung in Verbindung gebracht. Häufige Probleme sind Kosten, ineffiziente Arbeitsweise, Qualitätsmängel oder Sicherheitslücken.

Entscheidend ist, dass auf der Ebene "Problemstellung" der Ist-Zustand und das Problem benannt werden. Lösungsansätze haben auf dieser ersten Ebene nichts zu suchen.

Die zentralen Fragen dieser Ebene sind:

  • Wie sieht die Ausgangssituation aus?
  • Welche Probleme oder Herausforderungen gibt es?

Ebene 2: Strategieebene

Auf der Strategieebene wird definiert welche Rahmenbedingungen gelten. Hierzu zählen in erster Linie die Nutzerbedürfnisse und die Zielsetzung des Informationsprodukts, aber auch der Nutzungskontext und unternehmensspezifische Einflussgrößen.

Auf den Stellenwert des Unternehmenskontexts bei der Erstellung eines Medienkonzepts geht unser Artikel "Mit maßgeschneidertem Medienkonzept zum Erfolg – Nutzerorientierte und unternehmerische Entscheidungen kombinieren" näher ein.

Die zentralen Fragen der Strategieebene sind:

  • Welche Bedürfnisse haben die Anwender?
  • Wie sieht der Nutzungskontext aus?
  • Welche Zielsetzung hat das Informationsprodukt?
  • Welche Rahmenbedingungen werden durch die Unternehmensstrategie und den Unternehmenskontext vorgegeben?

Vom Problem zur Lösung

Der Wechsel auf die nächste Ebene ist der Übergang vom Problembereich in den Lösungsbereich. Alle Entscheidungen, die auf den nachfolgenden Ebenen getroffen werden, bauen auf den Ergebnissen des Problembereichs auf und fokussieren sich auf die Lösungsfindung. Der Lösungsbereich besteht aus 4 Ebenen:

Ebene 3: Anforderungsebene

Auf der Anforderungsebene werden, ausgehend von den strategischen Zielen, Anforderungen definiert. Weiter wird bestimmt, welche Inhalte und Funktionen benötigt werden, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Durch diese Festlegungen entsteht ein konkretes Bild vom Umfang und dem fertigen Endprodukt. Zusätzlich wird durch diese Vorgehensweise sichergestellt, dass sämtliche Inhalte und Funktionen zu einem Ziel führen.

Aufbauend auf dem Problembereich und den definierten Anforderungen wird auf dieser Ebene das am besten geeignete Format ausgewählt.

Zentrale Fragen der Anforderungsebene sind:

  • Welche Inhalte sind Teil des Informationsprodukts?
  • Welche Funktionalitäten werden benötigt?
  • Welches Format eignet sich?

Ebene 4: Strukturebene

Auf dieser Ebene werden Inhalte und Funktionen beginnend auf der Ebene des Informationsprodukts über die Module bis hin zur submodularen Ebene geordnet und die konzeptuelle Struktur festgelegt. Bewährte Klassifizierungsmethoden aus dem Bereich der Technischen Kommunikation bieten eine gute Basis. Die Arbeitsergebnisse der Strukturebene werden klassischer Weise in Form von Strukturdiagrammen, Sitemaps oder Ablaufplänen festgehalten.

Zentrale Fragen der Struktureben sind:

  • Wie können Inhalte sinnvoll strukturiert und klassifiziert werden?
  • Wie können Funktionen sinnvoll strukturiert und klassifiziert werden?
  • Wie sieht das Interaktionsdesign aus?

Ebene 5: Skizzenebene

Auf der Rasterebene wird die grundlegende Form des Produkts definiert. Basierend auf der Kategorisierung von Inhalten und Funktionen werden auf der Skizzenebene die Medien und Interaktionselemente ausgewählt, die den Anforderungen an die Informationsvermittlung am besten gerecht werden.

Bei visuellen Formaten wird hierzu häufig mit Wireframes gearbeitet. Sie zeigen, welche Inhalte und Interaktionselemente verwendet werden, wie sie angeordnet sind und wie die einzelnen Bestandteile des Informationsprodukts in Beziehung zueinanderstehen.

Zentrale Fragen der Skizzenebene sind:

  • Wie können Informationen so aufbereitet werden, dass sie durch den Anwender leicht verstanden und genutzt werden können?
  • Welches Medium eignet sich für welche Informationsart?
  • Welche Interface-Elemente entsprechen den geforderten Funktionalitäten?
  • Wie ist das Zusammenspiel zwischen Inhalt und Funktion?

Ebene 6: Gestaltungsebene

Die letzte der sechs Ebene befasst sich mit dem sensorischen Design. Während auf der vorangegangenen Ebene lediglich eine Skizze angefertigt wurde, befasst sich die Gestaltungsebene mit der konkreten Ausarbeitung. Obwohl das visuelle Design in den meisten Bereichen vorherrschend ist, bezieht die Gestaltungsebene sämtliche Sinneseindrücke mit ein. Abhängig vom Anwendungsfall können auch Akustik und Haptik oder sogar Geruch und Geschmack zentrale Bestandteile der Informationsvermittlung sein.

Zentrale Fragen der Gestaltungsebene sind:

  • Welche Sinne werden einbezogen?
  • Wie sieht die konkrete Umsetzung aus?

Ein Rahmen und keine Detailanleitung

Das Modell liefert einen hilfreichen Rahmen für die Konzeption. Es unterstützt durch einen kompakten Vorgehensplan, der alle relevanten Schritte berücksichtigt. Entwicklungen und Neuerungen basieren auf fundierten und nachvollziehbaren Entscheidungen und nicht auf einer spontanen Idee oder einer technologischen Entwicklung.

Die Basis des Modells orientiert sich an Donald A. Normans Grundsatz: "A brilliant solution to the wrong problem can be worse than no solution at all: solve the correct problem." (The Design of Everyday Things). Um diesem Grundgedanken zu entsprechen, stellt das Modell mit einer konkreten Problemstellung und einer definierten Zielsetzung sicher, dass eine Informationsbereitstellung mit Mehrwert für Anwender und Unternehmen entsteht.

Allerdings bietet das Modell keine detaillierten Anleitungen, wie Entscheidungen auf den einzelnen Ebenen getroffen werden. So enthält das Modell beispielsweise keine Informationen darüber, wie ein geeignetes Format oder Medium ausgewählt werden kann. Falls Sie sich für den Auswahlprozess interessieren, finden Sie im Artikel "Systematisch entscheiden dank merkmalbasierter Klassifizierung: Landkarten für Formate und Medien" weitere Informationen.

Auch wenn ein Vorgehensmodell eine gute Hilfestellung bietet, reicht es nicht aus, es anzuwenden. Entscheidend ist, die getroffenen konzeptionellen Entscheidungen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Hierzu ist sinnvoll, die Anwender frühzeitig in den Entstehungsprozess einzubeziehen und Nutzertests durchzuführen.

Wenn Sie sich Unterstützung zur Erstellung oder Evaluation eines passenden Medienkonzepts wünschen, kontaktieren Sie uns unverbindlich über das Kontaktformular. Wir beraten Sie gern und stehen Ihnen als Realisierungspartner zur Seite.