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Mit maßgeschneidertem Medienkonzept zum Erfolg – Nutzerorientierte und unternehmerische Entscheidungen kombinieren

Janina Berger 6 Min.


Der Artikel "Medienverständnis und Medienkonzept - Die Grundlagen anwenderfreundlicher Informationsvermittlung" hat Ihnen bereits gezeigt, weshalb ein auf Ihr Unternehmen abgestimmtes Medienkonzept eine Grundlage für anwenderfreundliche Informationsvermittlung ist.

In der Praxis stehen den herkömmlichen Entscheidungsaspekten allerdings oft die unternehmerischen Einflussfaktoren gegenüber und wirken möglicherweise einschränkend. Daher kommt die Frage auf, wie sich nutzerorientierte und unternehmerische Entscheidungen sinnvoll kombinieren lassen. Wir zeigen Ihnen, wieso ein Medienkonzept auch maßgeblich vom Unternehmen abhängt und wie Sie zielführend mit den Einflussfaktoren umgehen können.

Rechte Hand mit ausgestreckten Finger zeigt auf ein Hologramm

Herkömmliche Entscheidungsaspekte

Der Weg zu einem maßgeschneiderten Medienkonzept ist vielschichtig und erfordert eine detaillierte Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten im Unternehmen. Im Folgenden von der Dokuschmiede erarbeiteten Modell unterscheiden wir sechs Ebenen der Medien- und Formatauswahl, die sich in einen Problembereich und einen Lösungsbereich unterteilen:

Ausgehend von der Problemstellung werden alle Ebenen nacheinander betrachtet. Eine Ebene muss jedoch nicht vollständig abgeschlossen sein, um die Bearbeitung der darüberliegenden Ebene zu beginnen, da die Ebenen und deren Überlegungen miteinander verknüpft sind.

Aus der oberen Grafik ist ersichtlich, dass sich wesentliche Entscheidungsaspekte eines Medienkonzepts auf Problemstellung, Strategie, Anforderungen, Struktur, Skizzen und Gestaltung beziehen. Jeder dieser Aspekte enthält umfassende Überlegungen zum Medienkonzept, auf die wir hier nicht ausführlich eingehen können.

Wenn Sie sich detaillierter in das Modell und die enthaltenen 6 Ebenen einlesen möchten, empfehlen wir Ihnen den Artikel "Über 6 Ebenen zum optimalen Medienkonzept - Wie Sie geeignete Medien und Formate auswählen".

Hervorzuheben ist, dass der Unternehmenskontext und die Unternehmensstrategie innerhalb der Strategieebene die Medien- und Formatwahl erheblich beeinflussen können. Hierzu stellt sich die Frage, wieso gerade diese unternehmerischen Einflussfaktoren das Ergebnis eines geeigneten Mediums oder Formats signifikant verändern können.

Einflussfaktor Unternehmen

Innerhalb eines Unternehmens gibt es zusätzliche Faktoren, die die Medien- und Formatwahl beeinflussen. Untenstehende Grafik zeigt fünf Kategorien, die Ihnen als Anhaltspunkt dienen können, um sich die Einflussfaktoren im Unternehmenskontext bewusst zu machen.

Diese Kategorien sind kein fest definierter Rahmen, der für jedes Unternehmen passt, sondern dienen als Anhaltspunkte, die wahrscheinlich für die meisten Unternehmen relevant sind. Dennoch können sich die Einflussfaktoren pro Unternehmen unterscheiden und werden vor allem unterschiedlich priorisiert:

Nachfolgend erläutern wir die einzelnen Kategorien mit ihren Entscheidungsaspekten und Auswirkungen genauer:

Unternehmenskultur

Unter die Kategorie Unternehmenskultur fallen Aspekte wie der Führungsstil, die Mitarbeiterorientierung im Unternehmen oder auch Kommunikationsbeziehungen. Wenn der Führungsstil beispielsweise autoritär geprägt ist, kann ein optimal passendes Format von der Geschäftsführung dennoch als nicht passend empfunden und abgelehnt werden.

Ähnliche Auswirkungen hat die Zusammenarbeit, z. B. ob diese eher hierarchisch oder teamorientiert bis agil ist oder wie hoch der Grad der Digitalisierung im Unternehmen ist. Analysiert man das Umfeld, wird deutlich, ob bereits viele digitale Instrumente im Unternehmen eingesetzt und akzeptiert werden.

Auch in Sachen Kundenorientierung oder Nachhaltigkeitsmanagement kann ein Unternehmen Schwerpunkte setzen, die Formate beeinflussen. Werte wie Umweltbewusstsein spielen eine immer größere Rolle und können sich ebenfalls auf die Medien- und Formatwahl auswirken, z. B. im Fall der Entscheidung für eine gedruckte oder eine digitale Gebrauchsanleitung.

Diese genannten Punkte beeinflussen die Auswahl von Medien und Formaten sowie die interne und externe Akzeptanz eines Medienkonzepts direkt.

Unternehmensziele

Die Unternehmensziele können ebenfalls stark auf die Medien- und Formatwahl einwirken. Wenn beispielsweise der Fokus auf einer innovativen Marktpositionierung des Unternehmens liegt, können neuartige digitale Formate wie Chatbots, AR- oder VR-Anwendungen diese Anforderung besser erfüllen als gedruckte Dokumente.

Weitere Aspekte können die Qualitätssteigerung oder sonstige unternehmensspezifische Zielsetzungen der Geschäftsführung sein. Die Qualitätssteigerung kann sich auch auf den Support oder andere Bereiche beziehen.

Arbeitsprinzipien

Unter Arbeitsprinzipien verstehen wir die Arbeitsweise im Umfeld der Technischen Redaktion, die häufig auf eine modulare Erfassung zurückzuführen ist. Grundlagen bilden hier das Single-Source-Prinzip sowie das Cross-Media-Publishing.

Wenn die Wiederverwendung von Inhalten für ein Unternehmen essenziell ist, kann das die Wahl des Formats einschränken. Bei AR- und VR-Anwendungen ist eine Wiederverwendung aus dem CCMS derzeit z. B. eher noch schwierig umsetzbar. Die gewünschte Wiederverwendung kann sich aber auch auf andere Systeme beziehen.

In Bezug auf Single Sourcing stellen sich zudem folgenden Fragen in Bezug auf den Erstellungsprozess oder das Änderungsmanagement:

  • Lohnt sich der Erstellungsaufwand eines neuartigen Formats im Unternehmen?
  • Wie häufig kommen Änderungen vor?
  • Sind die Änderungen im Unternehmen beispielsweise gut mit den gewählten Medien und Formaten verwaltbar?

Zudem beeinflussen Anforderungen an Sprachvarianten und den Übersetzungsprozess die Entscheidung. Folgende Fragen können Sie sich dazu stellen:

  • Sind Übersetzungen notwendig?
  • Für wie viele Sprachen benötigt Ihr Unternehmen Übersetzungen?
  • Ist eine übersetzungsgerechte Inhaltserstellung für gewisse Medien und Formate möglich?

All diese Fragen tragen zur Entscheidung bei und müssen bei der Medienkonzepterstellung bewertet werden.

Automatisierung

In der Kategorie Automatisierung geht es vor allem darum, ob ein Unternehmen Wert auf automatisierte Prozesse und Arbeitsabläufe legt, sowohl in der Erstellung eines Mediums oder Formats als auch in der Bereitstellung. Wenn im Unternehmen ein Fokus auf der Nutzung von Systemschnittstellen liegt, dann eignen sich einzelne Formate je nach Systemlandschaft besser oder schlechter.

Ressourcen

Natürlich tragen auch Ressourcen im Unternehmen zur Entscheidung während der Medienkonzeptentwicklung bei. Wesentliche Faktoren sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

Ressourcenfaktor

Mögliche Fragestellungen

Knowhow

 
  • Liegt im Unternehmen Wissen vor, das Format selbst zu erstellen oder müssen externe Dienstleister beauftragt werden?
  • Benötigen Mitarbeiter Weiterbildungsmöglichkeiten, um ein Format zu erstellen oder zu pflegen?
  • Wie kann eine langfristige Lösung aussehen?
 

Tools

 
  • Stehen alle notwendigen Tools für die Formate zur Verfügung oder muss etwas zugekauft werden?
  • Im Fall eines Zukaufs: Ist ein Abonnement oder ein Lizenzkauf sinnvoller?

 

Kosten

 
  • Wie hoch sind die Kosten bei der Erstellung des Formats?
  • Wie hoch sind die Änderungs- und Pflegekosten?
  • Müssen externe Übersetzungen beauftragt werden?
  • Können Bilder statt Texte in konkreten Anwendungsfällen genutzt werden und somit zur Sprachneutralität beitragen?
  • Return on Investment

 

Bei den Kosten ist wichtig anzumerken, dass selbst bei dem Ziel, Kosten zu sparen, ein innovatives Format wie AR das Ergebnis sein kann, da es verschiedene Kostenfaktoren gibt. Die Erstellungskosten einer AR-Anwendung können beispielsweise höher sein als die Erstellungskosten von Print-Dokumenten.

Doch in Relation zu den Schulungs- oder Supportkosten, die ohne diese AR-Anwendung anfallen, kann die AR-Anwendung insgesamt trotzdem die günstigere Alternative für ein Unternehmen sein. Behalten Sie bei all den Aspekten daher immer die Zusammenhänge im Auge. Insgesamt wirken alle hier genannten Kategorien auf die Produktziele eines Unternehmens.

Abwägung der Faktoren im Unternehmen

Wenn alle Einflussfaktoren im Unternehmen untersucht sind, können die Faktoren bewertet werden. Folgende Animation zeigt ein Beispiel einiger Faktoren:

    Das Beispiel kann sich auf einen Automobilkonzern beziehen, dessen Redakteure Monteuren in einer Partnerwerkstatt Informationen zu Reparaturen am PKW bereitstellen. Die Informationen liegen derzeit in gedruckter Form vor, sodass eine schnelle Suche nach passenden Informationen schwerfällt.

    Der Automobilkonzern erstellt die bisherigen Gebrauchsanleitungen mit Word oder einer anderen DTP-Anwendung. In der TR-Abteilung sind viele Quereinsteiger beschäftigt, die gutes Knowhow zu Print-Dokumentationen haben. Die Sprachvarianz der Dokumente ist hoch und bedarf eines professionellen Übersetzungsmanagements.

    Auf Basis dieser Ausgangslage werden die Schieberegler in zwei Varianten eingestellt.

    • Möglichkeit 1: Die Kosten bei der Formaterstellung sollen maximal reduziert werden.
    • Möglichkeit 2: Der Fokus liegt auf innovativer Marktpositionierung. Die Qualität der Dokumentation soll gesteigert werden, wofür Kosten bei der Formaterstellung in Kauf genommen werden.

    Daraus wird ersichtlich, dass je nach Bewertung der Einflussfaktoren, ein anderes Format für das Unternehmen geeignet ist, wie folgende Tabelle zeigt:

    Welches Format eignet sich?

    Begründung des geeigneten Formats

    Möglichkeit 1:

    Online-Dokumentation

     
    • Schneller Informationszugriff für die Monteure, z. B. über Such- und Filtermöglichkeiten.
    • Komplexes Variantenmanagement notwendig, da Automodelle konfigurierbar sind und durch die Elektrifizierung immer komplexer werden. Das wird durch das Format ermöglicht.
    • Informationen sind dynamisch anpassbar an das jeweilige Auto mit seinen Komponenten und Features. Die Filterung nach spezifischen Informationen ist möglich.
    • Multimediale Inhalte sind integrierbar, z. B. Animationen zum Einbau von Komponenten.

     

    Möglichkeit 2:

    AR-Anwendung

     
    • Neuartige Formate steigern die Marktpositionierung und ermöglichen ein Alleinstellungsmerkmal unter Wettbewerbern.
    • Die Qualität steigt durch intelligente Informationsbereitstellung, die auf die Situation angepasst ist.

    Alle Gründe für die Online-Dokumentation treffen auch hier zusätzlich zu.

    Allerdings müssen bei einer AR- oder VR-Anwendung wahrscheinlich noch Kompromisse in Bezug auf SSP gemacht werden. Die Wiederverwendung von Inhalten, beispielsweise aus dem CCMS, ist zwar denkbar, aber nach aktuellem Stand noch schwer in der Praxis umzusetzen.

    Das Unternehmen als signifikanter Einflussfaktor auf die Medien- und Formatwahl

    Selbst aus diesem stark vereinfachten Beispiel ist schon ersichtlich, dass die Abwägung von Unternehmensfaktoren die Medien- und Formatwahl wesentlich beeinflusst. Da die Zusammenhänge komplex sind und Entscheidungen im Unternehmen meist nicht nur von einer Person abhängen, müssen Sie höchstwahrscheinlich Kompromisse eingehen. Die perfekte Lösung gibt es in der Praxis äußerst selten, aber über ein durchdachtes Medienkonzept eröffnen sich große Chancen, die am Ende auch Ihre Anwender zufriedenstellen werden.

    Wenn Sie eine Beratung bezüglich der Einführung oder Gestaltung eines Medienkonzepts benötigen oder sich nur ausführlicher informieren wollen, dann kontaktieren Sie uns gerne über unser Kontaktformular.